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Eine besondere Veranstaltung riefen die Vorsitzenden des Trägervereins Generationentreff, des Kunstkreises und des Archivs Frauenleben des Main-Kinzig-Kreises am Weltfrauentag ins Leben. Helga Weber, Dominika Macha und Barbara Kruse ehrten drei engagierte Frauen der Stadt, um nach dem Motto „Frauenvorbilder – Vorbildfrauen“ das Leben von Frauen in den Blick der Öffentlichkeit zu rücken.
„Wo sind wir Frauen zu sehen?“, fragte Helga Weber in ihren Begrüßungsworten. Außer den „Bienenfrauen“ fänden Frauen in den Archiven der Stadt kaum Erwähnung, keine Straße sei nach einer Frau benannt. Auch im Vereinsgeschehen arbeiteten bis heute Frauen eher im Hintergrund, stellte Helga Weber fest.
Das Archiv Frauenleben im Main-Kinzig-Kreis habe es sich zur Aufgabe gemacht, „Frauen und ihre Leistungen sichtbar zu machen“, erklärte Barbara Kruse. Künftig würden jedes Jahr „drei weitere herausragende Persönlichkeiten“ geehrt, so werde ein Bild entstehen, von dem man heute noch nicht wisse, wie es aussehen werde, sagte die Vorsitzende des Archivs Frauenleben und stellte mit Dagmar Gräfin von Roedern, Marianne Sperzel und Regina Gaul-Sbeitan die zu ehrenden Vorbildfrauen vor.
Dagmar Gräfin von Roedern (95) war 1949, vertrieben aus ihrer Heimat im Osten, nach Romsthal gekommen. Mit der Gemeinschaft der Flüchtlingsfrauen pflegte sie stets regen Kontakt. Die passionierte Reiterin und vierfache Mutter arbeitete, längst bevor der Begriff des therapeutischen Reitens bekannt war, mit Pferden und Kindern, engagierte sich im Vereins- und Gemeindeleben, besonders im Reiterverein Schlüchtern. Noch heute ist sie gerne in der Natur unterwegs.
Marianne Sperzel, 1939 in Breslau geboren und 1945 aus der Heimat vertrieben, kam nach „einer zweieinhalbjährigen Irrfahrt“ über etliche Stationen 1947 zu Verwandten nach Salmünster, wie sie selbst berichtete. Im Zentrum ihres Lebens stand immer ihre Familie, Ehemann Reinhold und die vier Kinder.
Seit Jahrzehnten engagiert sich die Mitbegründerin und Vorsitzende des Heimat- und Geschichtsvereins für die Heimatgeschichte der Kurstadt. Außerdem ist sie Mitinitiatorin der traditionellen kfd-Weiberfastnacht, wo sie als „Putzfrau vom Kolbe-Haus“ alljährlich für Furore sorgte. Marianne Sperzel ist vielseitig für ihre Heimatstadt aktiv.
Die Kommunikationsdesignerin und freischaffende Künstlerin Regina Gaul-Sbeitan aus Mernes präsentiert die jüngere Generation der Vorbildfrauen. Künstlerisch stellt sie bewusst Frauen in den Mittelpunkt. Die Mutter einer kleinen Tochter wohnt mit ihrem Mann Sahid im Stadtteil Bad Soden.
Flucht und Vertreibung seien nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine hochaktuell, so sei es bemerkenswert, dass genau diese Erfahrungen zu den Lebensgeschichten der geehrten Frauen gehörten, bemerkte Barbara Kruse nachdenklich.
„Frauenleben ist facettenreich und wertvoll, und auch wenn es oftmals harte Arbeit ist und schicksalhaftes Leben bedeutet, wollen wir es heute feiern,“ schloss Barbara Kruse.
„Wir Frauen sind nicht gerne alleine: Wir gesellen uns gerne zueinander, besprechen das wichtigste Weltgeschehen und auch die nützlichen Dinge des Alltags miteinander und lernen voneinander“, sagte die Vorsitzende des Kunstkreises Dominika Macha. Sie verwies auf die aktuelle Ausstellung im Generationentreff. Die Künstlerinnen Julia Kolev, Rebecca Schauberger, Kerstin Streicher, Sylvia Dieter, Dagmar Senff, Silke Belz, Heike Jänicke, Hanne Sladek und Helga Weber hatten zum Weltfrauentag Frauenporträts von Vorbildfrauen ihres eigenen Umfeldes geschaffen.
Von den geehrten Vorbildfrauen konnten Dagmar Gräfin von Roedern und Regina Gaul-Sbeitan nicht anwesend sein. Marianne Sperzel erhielt vor Ort die Ehrung mit einer von der Goldschmiedin Jutta Hallepape gefertigten Silberbrosche mit blauer Lapislazuli-Rose.
„Talente sind Aufgaben, die man an die Gesellschaft weitergeben soll“, sagte Marianne Sperzel in ihren Dankesworten, „das habe ich versucht!“ Zum Gelingen brauche man aber Menschen, die mithelfen, befand sie.
Die drei geehrten Frauen stünden stellvertretend für zahlreiche starke Frauenpersönlichkeiten, die vieles im Hintergrund leisteten, sagte Landrat Thorsten Stolz. Auch der Krieg werde wieder auf dem Rücken von Frauen und Kindern ausgetragen.
Die Frauenbewegung habe die Rechte der Frauen hart erkämpft, nun bleibe die Hoffnung, dass es gelinge, die Welt etwas gerechter zu gestalten.
Bürgermeister Dominik Brasch lobte die gelungene Veranstaltung und würdigte Frauen als starke Persönlichkeiten. Erneut gelte es, Hilfsmaßnahmen zu koordinieren und „alles am Laufen zu halten“ sagte er mit Blick auf die Flüchtenden aus den Kriegsgebieten, deren Schicksal den Kurstadt-Bürgermeister sichtlich bewegte.
Mit passenden Liedern, etwa von Hildegard Knef und Gloria Gaynor, bereicherte Sängerin Susanne Weyel die Veranstaltung.