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Zum Festakt am Tag der Deutschen Einheit hatten die Kurstadt Bad Soden-Salmünster und die Europa-Union Kreisverband Schlüchtern-Gelnhausen den stellvertretenden Bürgermeister von Gusow-Platkow Thomas Drewing als Festredner eingeladen.
Die Gemeinde Gusow-Platkow mit knapp 1 400 Einwohnern liegt in Brandenburg im Landkreis Märkisch-Oderland, nahe der Kreisstadt Seelow. Der Referent ist Wirtschaftsförderer bei der Kleinstadt-Verbund-Kommune Seelow. Die Verbindung zum Bürgermeister der Kurstadt Dominik Brasch entstand durch die gemeinsame Teilnahme der Städte Bad Soden-Salmünster und Seelow an der Kleinstadtakademie, ein Projekt des Bundesministeriums des Inneren für Bau und Heimat zur innovativen und zukunftsfähigen Entwicklungsförderung kleinerer Städte und Gemeinden.
Bürgermeister Dominik Brasch, erfreut über die gute Resonanz der Veranstaltung im Spessart Forum, erinnerte an die Bedeutung des historischen Moments, als vor mehr als 30 Jahren aus einer vagen Hoffnung Realität geworden war. Natürlich sei der 3. Oktober ein Tag der Freude und Dankbarkeit, allerdings erwachse aus der Wiedervereinigung Verpflichtung und Auftrag, für die Einheit zu kämpfen und „unsere Werte zu verteidigen“. Vor dem Hintergrund der Wahlergebnisse gelte es, diejenigen Mitbürger zu erreichen, die aus Enttäuschung den Rändern der Parteienlandschaft ihre Stimme gegeben hatten.
Seine Sozialisation in der DDR schilderte Referent Thomas Drewing (geboren 1971) als „heile Welt“, in der – eingebunden in die Strukturen der Jugendorganisationen – für alles gesorgt war. Die Zeit kritischer Fragen habe allerdings mit Glasnost und Perestroika, Ende der 1980er Jahre, begonnen, erinnerte er sich. Den Moment des Mauerfalls habe er zwar verschlafen, aber wenige Tage später sei er mit Verwandten aus Thüringen nach Frankfurt am Main gereist. Dabei habe das Begrüßungsgeld für einen damals 18-Jährigen keine unerhebliche Rolle gespielt, bekannte er augenzwinkernd.
Für viele, besonders für Ältere, habe die Zeit nach der Wende oft Arbeits- und Perspektivlosigkeit gebracht. Nicht immer sei dabei der Prozess der Selbstfindung gelungen. Trotz vieler Widrigkeiten, sei viel Positives bewirkt worden. Verfallene Städte wurden erneuert, Infrastrukturen geschaffen und Umweltschutz beachtet. Leider werde dies alles oft vergessen, doch alte Fotos dokumentierten diese Entwicklungen.
Da die DDR mit der Wiedervereinigung automatisch auch EU-Mitglied wurde, genossen die Bürger sofort Vorteile, wie Reisefreiheit, und die Teilhabe am Binnenmarkt. Es sei richtig, dass sich die EU auch den osteuropäischen Ländern geöffnet habe, sagte er.
Ja, die EU sei reformbedürftig, doch als größte Errungenschaft der EU erkannte der Referent die Erhaltung des Friedens seit 1945. Diese Friedenspolitik sei unbedingt fortzusetzen. Mit dem Appell „Nie wieder Krieg!“ schloss Thomas Drewing seine Ansprache.
Die Abwesenheit von Krieg werde als Selbstverständlichkeit erlebt ebenso wie Wohlstand und das Leben in stabilen Systemen, knüpfte Thomas Otto Schneider, der Vorsitzende der Europa-Union Kreisverband Schlüchtern-Gelnhausen, in seinem Schlusswort an. Er konstatierte Brüche in der Weltordnung und ein Auseinanderbrechen in vielen Bereichen (Brexit, die Wahl Trumps, das Erstarken der rechten Parteien). Gerade die Corona-Pandemie habe die Grenzen der Globalisierung aufgezeigt. „Die Betroffenen hätten einbezogen werden müssen“, befand er.
Einheit der Gesellschaft bewahren
Die Leidtragenden dieser Zersplitterung seien gleich dreifach benachteiligt: gesellschaftlich, weil sie der Verachtung der Eliten ausgesetzt seien, wirtschaftlich, weil sie „die Zeche bezahlen“, und politisch, weil Entscheidungen in Sphären getroffen werden, „in denen wir nichts mehr zu sagen haben“.
Vor diesem Hintergrund sei die Einheit der Gesellschaft stets zu erarbeiten und zu bewahren, resümierte Thomas Otto Schneider.
Mit ausgewählten Stücken begleitete das Jugendorchester der Musikvereine Salmünster und Bad Soden unter Leitung von Harald Krebs die Feierstunde. Mit der Deutschland-Hymne endete die Veranstaltung.