Text_2

Einst war das Areal der Firma Vogt Stammsitz eines florierenden Herstellers von Schlachttechnik, der weltweit agierte. Dann ging das Unternehmen 2001 in Konkurs und das Grundstück verfiel zusehends. Zuletzt war das Gebiet ein verlassener Schandfleck, der auch Gefahrenpotenzial am Rande eines Wohngebietes darstellte.
Durch die Insolvenz war das Areal in den Besitz des Landesbetriebs Bau und Immobilien Hessen (LBIH) übergegangen. Bereits seit 2019 hatten sich Bürgermeister Matthias Möller (parteilos) und sein Team intensiv für die Übernahme dieses „herrenlosen“ Grundstücks durch die Stadt eingesetzt.
Nach äußerst langwierigen Verhandlungen konnte die Kommune vor wenigen Wochen zur Tat schreiten. Doch bevor Anfang April dieses Jahres ein Abrissunternehmen aktiv wurde, waren umfangreiche Vorarbeiten notwendig: So wurden noch durch die Firma Vogt, später im Auftrag des Landes Hessen im Laufe der vergangenen Jahre erfolgreich umfangreiche Maßnahmen im Hinblick auf Boden-, Bodenluft- und Grundwassersanierung unternommen. Vorangeschaltet an die nun weit fortgeschrittene Abbruchmaßnahme wurde das Areal im Zuge der ökologischen Baubegleitung unter Leitung des heimischen Fachmanns Dr. Karl-Heinz Schmidt (Ökologische Forschungsstation) untersucht und freigegeben. Ebenso wurden die Abbruchbereiche mit Georadar rund zwei Meter tief auf mögliche Kampfmittelreste aus dem Zweiten Weltkrieg untersucht. Dabei gab es glücklicherweise keine Funde. Sämtliche Erdarbeiten auf dem Areal werden kontinuierlich fachgutachterlich begleitet und mittels Kontrollmessungen auf mögliche Schadstoffe hin überprüft. Die Arbeiten erfolgen hierbei in enger Abstimmung mit dem Regierungspräsidium Darmstadt.
Nach 24 Jahren „Dornröschenschlaf“ begann Stück für Stück der sortenreine Rückbau der Gebäude. Dabei gehe es nicht darum, alles ungeprüft abzureißen, erklärt Darius Lotz, Mitarbeiter im Bereich Bautechnik bei der Stadt Schlüchtern. Vielmehr werde „Ressourcen schonend“ vorgegangen, weshalb man sich nach sorgfältiger Prüfung dazu entschlossen habe, einzelne Hochbauten einer neuen Nutzung zuzuführen und diese zu revitalisieren.
Ein konkretes Ergebnis dieser sensiblen Vorgehensweise: Eine 50 mal 20 Meter große Halle im unteren Bereich fällt nicht dem Abriss zum Opfer. Sie soll künftig als Veranstaltungslocation genutzt werden. Möller: „Dieses rund 1.000 Quadratmeter große Objekt bietet sich ideal als Kulturhalle für Musik- oder andere große Events an.“ Sie befindet sich grundsätzlich in einem nutzungsfähigen Zustand. Allerdings muss sie zunächst entmüllt und die Vandalismusschäden an ihr beseitigt werden.
Ebenso nicht abgetragen wird das oben am Grundstückseingang gelegene ehemalige Vogt-Bürogebäude aus dem Jahr 1994. Dieses wurde im letzten Jahr durch die Firma „KGF Service GmbH – Beratung, Schulung & mehr“ in einem Erbbaurechtsvertrag von der Stadt Schlüchtern gepachtet. Das Unternehmen plant, diesen Komplex umfassend zu renovieren und energetisch zu sanieren. Ein hinterer Anbau wurde bereits abgerissen. Dabei machten die Planer einen interessanten Fund: Eine Zeitkapsel aus Edelstahl mit einem Vermerk auf das Jahr 1995.
Was auf dem Großteil der nun freigeräumten Fläche passiert, ist noch nicht endgültig geklärt. Fakt ist jedenfalls, dass das Gelände im Gebiet des Städtebauförderprogramms „Sozialer Zusammenhalt“ liegen wird. Angedacht ist dort in erster Linie der Bau von vier großen Einheiten mit Sozialwohnungen sowie barrierefreiem Wohnraum für Senioren und einkommensschwächere Bürger. Das Fazit von Möller: „Ich bin froh, dass dieser Schandfleck aus dem Stadtbild endlich verschwindet und wir die Fläche zukunftsorientiert nutzen können.“