Die Corona-Pandemie hat das öffentliche Leben weiterhin im Griff und vermutlich noch einige Monate. Da ist es für Handel und Gewerbe wichtig, in der Region ein Wir-Gefühl zu schaffen nach der Device „Hier lebe ich, hier kaufe ich – auch online“. Der Bergwinkel Wochen-Bote hat bei den heimischen Gewerbe- und Verkehrsvereinen nachgefragt, wie sie Einzelhandel, Handwerk und die Gastronomie in Zeiten eines harten Lockdown unterstützen.
„Alle ächzen unter dem ewigen Hin und Her der unklaren Situation für Handel und Gaststätten. Dies geht auch an Sinntal nicht spurlos vorüber. Gott sei Dank sind die meisten Einzelhändler auch als Handwerksbetriebe tätig, so dass über die Dienstleistung eine gewisse Einnahmequelle vorhanden ist“, berichtete Heike Merx, Vorsitzende des Gewerbevereins. Schlimmer treffe es die Friseure, die Hotellerie, das Eventmanagement und die Fitnessstudios auch im Sinntal. Erste Schließungen seien bereits erfolgt.
Viele Gaststätten retteten sich mit dem Außer-Haus-Verkauf, zum Glück seien die meisten Immobilien im Besitz der Betreiber, so dass die Kosten überschaubar blieben, jedoch durch den Wegfall aller größeren Events wie Hochzeiten und andere privaten Feiern deckten diese Verkäufe meist nicht die Kosten und ein wirklicher Gewinn werde kaum erzielt. Alleine die Personalkosten liefen ja weiter, so dass die Mitglieder auch hier Lösungen finden müssten, um Entlassungen zu vermeiden, betonte die Vorsitzende.
„Der Gewerbeverein hat im Jahr 2020 den Mitgliedsbeitrag erlassen und steht den Mitgliedern zur Beratung und Unterstützung zur Seite. Dies wurde bislang aber noch nicht in Anspruch genommen, so dass wir keine Aussage zu dem aktuellen Stand geben können“, sagte Heike Merx.
„Trotz allem zeigen sich unsere Mitglieder wohl ebenso kreativ in ihren Lösungen wie anderswo. Alle hoffen auf eine langfristige Öffnung und den Rückkehr von Normalität, besonders werden Konzepte gefordert, die das alltägliche Geschäft sicher und planbar machen, da sonst keine verlässliche Kalkulation in einem Gewerbebetrieb möglich ist.“
Hier sei nicht nur die Politik gefordert, sondern jeder Einzelne, der eigenverantwortlich mithelfe, die Pandemie baldmöglichst einzudämmen. Dazu sollten auch die Impfungen für Gewerbetreibende als Stütze der Gesellschaft vorangetrieben werden. Dies werde von den großen Verbänden ebenso gefordert. Das Testen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen überlasse die Politik den Unternehmern, die zusätzlich zu allem anderen dann auch noch auf den Kosten sitzen bliebe. Dies werde für die kleinen Unternehmer in Sinntal sicherlich nochmal eine zusätzliche Belastung.
Für Wolfgang Stehling, den stellvertretenden Vorsitzenden des Schlüchterner Vereins für Wirtschaft und Tourismus (WITO), ist es wichtig, zusammenzuhalten und gemeinsam mit der Stadt Strategien zu entwickeln, die Handel und Gewerbe helfen, aus der Krise heraus zu kommen. „Das geht nur über die Gemeinschaft“, betonte Stehling. So habe der WITO mit Aktionen wie „Kauf in Schlüchtern“ oder „Wir haben für Sie geöffnet“ seine Mitglieder unterstützt. Zudem sei die Auflage der Stadtzeitung auf 9 000 Exemplare erhöht worden. Auf Inserate werde ein Rabatt von 50 Prozent gewährt. Die Gutschein-Aktion habe 65 000 Euro gebracht. „Das ist Wirtschaftshilfe vor Ort, da die Gutscheine hier eingelöst werden“, berichtete Stehling.
Im vergangenen Jahr seien die Mitgliedsbeiträge nicht eingezogen worden. „Ob wir uns das in diesem Jahr leisten können, ist noch nicht geklärt. In Härtefällen sind wir zu Gesprächen immer bereit“, so der stellvertretende Vorsitzende.
Die einzelnen Mitglieder seien vom Lockdown unterschiedlich betroffen. „Phone & Meet hat dem klassischen Einzelhandel etwas geholfen. Zumindest bei Schuhen und Saisonware.“ Stehling ist davon überzeugt, dass neue Vertriebsformen die eigenen Geschäftsmodelle ergänzen müssen, damit die Gewerbetreibenden eine Perspektive bekommen nach dem Motto: Hier lebe ich, hier kaufe ich – auch online. „Wir alle müssen in Eigenverantwortung handeln, Richtlinien nach Corona haben und auf den anderen mehr Rücksicht nehmen.“
Die wirtschaftliche Situation ist in Bad Soden-Salmünster, wie auch in anderen Städten, geteilt. „Die Handwerks- und Industriebetriebe sind wenig oder gar nicht von den Auswirkungen des Lockdowns betroffen. Natürlich ist die Situation bei Einzelhandel und Gastronomie sehr angespannt“, berichteten Dieter Holk, Vorsitzender des Verein für Tourismus und Wirtschaftsförderung Bad Soden-Salmünster (VTW), und die Leiterin der Geschäftsstelle, Martina Jobst. „Als Gewerbeverein sind wir wichtiger Ansprechpartner. Unsere Geschäftsstelle wird regelmäßig und entsprechend der Sachlage von Stadt, Kreis und IHK informiert. Wir geben diese Informationen zeitnah an unsere Mitglieder weiter. Hilfe und Unterstützung im Rahmen der Möglichkeiten bietet der VTW immer an. Auch wenn Schwierigkeiten wegen der Zahlung des Mitgliedsbeitrages auftreten sollten, gibt es individuelle Lösungen“, fügte die Geschäftsführerin hinzu.
Der VTW habe im zweiten Lockdown gemeinsam mit der Stadt mehrmals Angebote und Öffnungszeiten der Gastronomie veröffentlicht. „Wir bieten allen Mitgliedern eine kostenfreie Veröffentlichung Ihrer Angebote im Aktionskalender auf der Internetseite www.vtw-bss.de an.
Generell sei bei den Kunden eine große Verunsicherung zu spüren. Angefangen bei den englischen Begriffen, die manche der älteren Kunden nicht verstehen bis hin, was es genau bedeutet. Click & Collect habe bei der Mehrheit des Handels weniger gut funktioniert. Es sei lediglich eine Methode, um Kunden weiterhin überhaupt bedienen zu können. Eine gute Kundenberatung sei kaum gegeben.
„Click & Meet wurde weitgehend erfolgreich vom Einzelhandel umgesetzt und von den Kunden angenommen. Die guten Hygienekonzepte haben Sicherheit und Vertrauen wieder aufgebaut“, sagte Martina Jobst. „In dieser Krise heißt es kreativ zu sein. Mit gemeinsamen und ergänzenden Angeboten und Aktionen können beispielsweise Einzelhandel und Gastronomie neue Absatzwege finden. Netzwerken und Austauschen kann das Gebot der Stunde sein. Vielleicht liegt hier eine Chance für neue Möglichkeiten.“
„Um nicht noch zusätzlichen Druck aufzubauen, haben wir auf die Mitgliedsbeiträge für 2020 und 2021 verzichtet“, sagte Jörg Traudt, stellvertretender Vorsitzender des Gewerbe- und Verkehrsvereins (GVV) Steinau. Traudt, der den Verein kommissarisch führt, weist auf die Edeka-Aktion „Gemeinsam zusammen stark“ hin, die dafür wirbt, die lokalen Angebote zu nutzen.
Der GVV bietet auch in diesem Jahr in Kooperation mit WITO am Samstag, 22. Mai, von 9 bis 12 Uhr eine digitale Bergwinkel-Ausbildungsmesse an. Dazu Jörg Traudt: „Auf der Webseite www.bergwinkel-ausbildungsboerse.de bekommt jedes Unternehmen einen digitalen Meetingraum zur Verfügung gestellt, der über einen speziellen Link zu erreichen ist. Die zugrundeliegende Technik ist hier Go2Meeting. Klickt man auf einen solchen Link, landet man jeweiligen Meetingraum, in dem die Ansprechpartner, Personalleiter oder auch Auszubildenden der Unternehmen zu sehen sind und mit denen man dann sprechen, sich austauschen und Fragen stellen kann.“
Bisher böten über zehn Unternehmen auf diese digitale Weise Einblick in Ihre Ausbildungsberufe an. Er hofft, dass sich bis 23. April noch weitere Betriebe anmelden. „Wir freuen uns auf eine spannende digitale Bergwinkel-Ausbildungsbörse.“