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Aus Frankreich und Lettland waren die Enkel Max und David Wolf angereist, um an der Verlegung der Stolpersteine für ihre Großeltern Max und Ilse Wolf in der Fuldaer Straße in Schlüchtern teilzunehmen.
„Die Lebenszeiten meiner Großeltern, in der ihre Taten, ihre Ideale und Werte den größten Einfluss hatten, fanden in dieser Stadt und in dieser Gegend statt, einer Region, die die Familie meines Großvaters seit mehr als 400 Jahren als Heimat betrachtete. Meine Großeltern haben immer an soziale Gerechtigkeit geglaubt“, bedankte sich Max Wolf im Namen seiner Familie für die Ehre, bei der Verlegung der Stolpersteine dabei sein zu dürfen und all denen, die ihren Beitrag zum Gedenken an Max und Ilse Wolf geleistet hätten.
Kerstin Baier-Hildebrand, Vorsitzende des Heimat- und Geschichtsvereins, berichtete, dass die Steine auf ausdrücklichen Wunsch der Familie und in Abstimmung mit der Stiftung Stolpersteine nicht am letzten selbstgewählten Wohnort, sondern vor dem Geburtshaus von Max Wolf und dem Gründungssitz der Firma Viktor Wolf, dem späteren Unternehmen Dreiturm, verlegt wurden.
Größtes Mahnmal der Welt
„Stolpersteine gelten inzwischen als das größte dezentrale Mahnmal der Welt. In Schlüchtern allein erinnern 23 Steine an die Gräueltaten des Dritten Reichs. Sie sind Steine des Anstoßes für nachfolgende Generationen“, sagte Baier-Hildebrand. Die Dampfseifenfabrik in Schlüchtern und die Dreiturm-Seifenfabrik in Steinau seien den Nazis von Beginn an ein Dorn im Auge, eine sozialistische Hochburg, gewesen.
„Die Seifenfabrik zahlte überdurchschnittliche Löhne, hatten bereits die 40-Stunden-Woche eingeführt. Sie zahlte monatliche Prämien an die Arbeiter, die im Krankheitsfall bis zu 90 Prozent ihres Lohnes aus der Unterstützungskasse erhielten, und Weihnachtsgeld.“ Mit welchen perfiden Mitteln sich die Nazis das Unternehmen nach und nach unter den Nagel rissen, sei in dem Buch von Christine Wittrock „Saubere Westen, weiße Westen und Persilscheine“ nachzulesen.
Vizebürgermeister Reinhold Baier erwähnte bei seiner Begrüßung, dass Max Wolf beim Empfang im Rathaus betont habe, dass die Enteignung der Dreiturm ein Glück im Unglück gewesen sei. Wäre die Enteignung rückgängig gemacht worden, wäre die Familie in Deutschland geblieben und wahrscheinlich im Holocaust umgekommen.
Das Gedenken umrahmten Bezirkskantorin Dorothee Harris und Chiara Zinkand mit Schuberts „Du bist die Ruh’“ und Tschaikowskys „Noturne“. Unter den Ehrengästen weilte neben Christine Wittrock auch die 97-jährige Kulturpreisträgerin Ilse Werder, die in ihrem Buch „Sie war eine von uns“ an Ilse Wolf erinnert hat.