Nachdem das Stadtparlament einstimmig bei fünf Enthaltungen der BBB-Fraktion in einer nichtöffentlichen Sitzung am Montagabend den Ankauf des Areals des ehemaligen Kaufhauses Langer in Schlüchtern beschlossen hatte und der notarielle Kaufvertrag am Dienstagvormittag beurkundet wurde, hat Bürgermeister Matthias Möller noch am gleichen Nachmittag bei einem Pressegespräch die Öffentlichkeit über das weitere Procedere ausführlich informiert.
Der Beurkundung seien tausend Stunden an Verwaltungsarbeit voraus gegangen. In Abstimmung mit dem Umweltministerium und dank der Unterstützung der Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte seien konkrete Fördermittel akquiriert worden, um der Vision der Entwicklung von Schlüchterns neuer Mitte einen Raum zu geben.
Bewilligt wurden aus dem Förderprogramm „Aktive Kernbereiche in Hessen“ die Förderung des Grunderwerbs mit einem Betrag von rund 800 000 Euro. Mit einer Million Euro aus dem europäischen Strukturfond werde der Rückbau bezuschusst. Für ein neues Kultur- und Begegnungszentrum stünden 2,655 Millionen Euro aus dem Förderprogramm „Soziale Integration im Quartier“ zur Verfügung.
Auf der Grundlage einer Machbarkeitsstudie der Fuldaer Architekten Reith, Wehner und Storch soll auf rund 10 000 Quadratmetern die Entwicklung eines Bereiches für Begegnung und Bildung mit einer Sprachkita und einem Familien- und Integrationszentrum und ein Bereich für Handel, Wohnen und öffentlichen Raum realisiert werden. „Heute haben wir den ersten Schritt in eine neue Ära der Stadtentwicklung gemacht und wollen ein Alleinstellungsmerkmal für unser Mittelzentrum schaffen“, betonte der Rathauschef.
Angaben über das Zeitfenster für die Umsetzung des Vorhabens wollte Möller nicht machen. „Das wäre reine Spekulation.“
Sein Stellvertreter Reinhold Baier hob hervor, dass der Rückbau des Kaufhauses die einmalige Chance beinhalte, Bausünden der 60er Jahre zu korrigieren. „Ich bin froh, dass ich den Verhandlungsmarathon ohne Magengeschwür überstanden habe“, sagte der Vizebürgermeister. Er habe es nie für möglich gehalten, dass die Stadt selbst das Areal kaufen werde. Sönke Papenhausen, Sprecher der Eigentümerfamilie, war über den vollzogenen Abschluss erleichtert. „Unterm Strich waren die Gespräche mit der Stadt fair und konstruktiv. Wir freuen uns zur Entwicklung der neuen Mitte einen Beitrag zu leisten.“ Andrea Marburger, Enkelin des Firmengründers August Schöppner, sprach von einer engen Verbundenheit ihrer Familie zu Schlüchtern, die der Stadt beim Kaufpreis sehr entgegen gekommen sei.
Wie hoch die Kaufsumme letztendlich war, ist nicht bekannt. Möller berichtete lediglich, dass die Stadtverordnetenversammlung ihm ein Mandat von 2,56 Millionen Euro für die komplette Abwicklung des Kaufes bewilligt habe.
Für Landrat Thorsten Stolz war es entscheidend, dass hier auf eine gemischte Nutzung gesetzt werde. Ebenso wichtig für künftige Investoren sei die breite politische Unterstützung. Er kündigte an, dass der Main-Kinzig-Kreis Kindertagesstätte und Familienzentrum finanziell unterstützen und konkrete Mittel für bezahlbaren Wohnraum reservieren werde. „Der Ankauf des Areals Langer ist ein Schritt, das Mittelzentrum Schlüchtern fit für die Zukunft zu machen. Ein solches Großprojekt braucht aber ein Momentchen Zeit“, mahnte er bei den Bürgern um Geduld.
Stadtverordnetenvorsteher Joachim Truss wünschte sich, dass im gemeindlichen Bereich auch Platz für das Kulturkino und die Kulturwerker geschaffen werde. Bernhard Köppler vom Projektbüro „Aktive Kernbereiche“ kündigte an, dass es einen „geordneten“ Ideenwettbewerb für Architekten und Investoren geben werde. Das Projekt werde überregional vermarktet. „Durch die Konzeptvorgabe muss das Maß zwischen Handel, Gewerbe, Wohnen und Mobilität stimmen.“ Etwa ein Drittel des Areals bliebe für den Bau eines Kultur- und Bewegungszentrums im Besitz der Stadt. Zweidrittel werde an Investoren verkauft.
Der Fuldaer Architekt Stephan Storch hatte zuvor die Machbarkeitsstudie vorgestellt, von der die rund 100 Zuhörer in der Stadthalle Schlüchtern richtig angetan waren.