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Das Thema „Grimmige Liebe“ bietet für Künstler märchenhafte Möglichkeiten, ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen. So geschehen beim Skulptur-Symposium mit dem Künstler und Philosophen Dr. Ulrich Barnickel, dem Schweizer Beat Breitenstein, der Brandenburgerin Jana Debroth, dem Finnen Hasan Fuat Sari und dem Schlüchterner Lars Tae-Zun Kempel.
Ein Woche lang verwandelte sich die Schlüchtern Platte in ein Naturatelier. Auf der Acis Wiese wurde gehämmert, gesägt und geschweißt. Am vergangenen Freitag wurden die Kunstwerke übergeben, die noch vor Wintereinbruch am Premiumwanderweg „Spessartbogen“ aufgestellt werden.
Die Idee zu dem Projekt hatten der Schlüchterner Unternehmer Karl Friedrich Rudolf und Fritz Dänner, Geschäftsführer des Naturparks Hessischer Spessart. „Berühmte Märchen und Kunst passt einfach und lässt Ideen wachsen“, betonte Dänner bei der Übergabe der Objekte. Die Skulpturen seien eine Aufwertung für den Bergwinkel. „Aber wir wollen nicht nur die Wanderer zum Innehalten und Nachdenken anregen, sondern auch uns Einheimischen in den 15 Kommunen entlang des Spessartbogens auffordern, mit eigenen Ideen und Mitteln etwas für unsere Heimat beizutragen“, betonte Initiator Fritz Dänner.
„Das Netz zwischen Künstlern, Ideen- und Geldgebern funktioniert. Was hier entstanden ist, ist eine Bereicherung für die Region und den Spessartbogen. Hier findet etwas seinen Ort, wo es hingehört“, lobte Vizelandrätin Susanne Simmler die Kunstoffensive. Man könne nicht in die Zukunft schauen, aber Zukunft gemeinsam bauen, hob die Erste Kreisbeigeordnete hervor. Den Naturpark begehbar machen und Menschen begeistern, sei ein Ziel, von dem sie sich erhoffe, dass die Ideen nicht ausgingen. „Mit offenen Augen aktiv wandern hat Zukunft.“
Ulrich Barnickel sprach von einer langen Verbundenheit zu Schlüchtern. Er und seine vier Mitstreiter hätten gerne einen Beitrag geleistet, die Bergwinkelregion und den Naturpark Spessart aufzuwerten. Der Schlitzer Metallbildhauer hatte eine knallrote Schatulle aus zwei Hälften geschaffen, in der er die von den Brüdern Grimm in den Kinder- und Hausmärchen unterschlagenen erotischen und schmutzigen Märchen versteckte.
Ein Eichenstamm war die Vorlage für die minimalistische Arbeit von Jana Debroth. „Zunächst habe ich den Stamm entrindet und geschliffen. Der Baum steht für Liebe, Leben und Leidenschaft. Liebe ist die Kraft, die Böses in den Märchen überwindet. Der Stamm wird durch die Einkerbungen, die mit roter Farbe gefüllt sind, in zwei Teile geteilt“, erläuterte die Künstlerin. „Die roten Linien zeigen den Rhythmus und den Herzschlag eines Liebespaares.“
Der finnisch-türkische Künstler Hasan Fuat Sari hatte in reduzierter und kalligraphischer Form eine Metallskulptur geschaffen, bei der er den Betrachter „im positiven Sinne manipuliert, Figur und Form zu Ende zu denken, aber nicht zu begrenzen“.
Der Schweizer Künstler Beat Breitenstein arbeitet liebend gern mit Eichenholz. So hat er zwei Bohlen kreiert – die eine kerzengerade, die andere organisch. „In der Liebe geht es nicht immer gerade aus. Sie ist in Bewegung.“ Auf Augenhöhe hatte der Künstler drei Kupferplatten installiert, auf den die tragenden Begriffe der Märchen „Schneewittchen“ – Neid, Zwerge, eitel, Ebenholz –, „Rotkäppchen“ – Wolf, Steine, Kappe, Schlauheit – und „Tischlein Deck Dich“ Fantasien und Erinnerungen beim Betrachter hervorrufen.
Seine geheimnisvolle Kunststofffigur im in Harz getränktem Leinentuch will der Schlüchterner Künstler Lars Tae-Zun Kempel der Natur zurück geben. „Die mysteriöse Figur soll richtig verwittern. Mehr deuten will ich aber nicht“, berichtete er.
Eingebunden in die Kunstaktion ist eine Ausstellung im Einrichtungshaus Rudolf in der Schlüchterner Klosterstraße. Dort sind beispielsweise Barnickels „Zwang“ aus dem „Weg der Hoffnung“ im Maßstab 1:10, Beats „Vergoldetes Eichenblatt“,Saris „Springende Tiere“ und viele Formen, die vom Betrachter noch zu Ende gedacht werden müssen, bis Ende des Monats zu bewundern.