Die Sonderausstellung „Luther und Zeitgenossen – 500 Jahre Reformation“, die derzeit im Bergwinkel-Museum zu besichtigen ist, hat ab sofort eine Attraktion mehr zu bieten: In einer Vitrine im Foyer ist eine beeindruckende Lutherbibel aus dem Jahr 1576 zu sehen. Und wer möchte, darf sogar darin blättern.
Leihgeber dieses besonderen Stücks sind Heide Buhmann und Hanspeter Haeseler aus Schlüchtern. Seit vielen Generationen schon befindet sich das Werk im Besitz der aus Niedersachsen stammenden Familie Buhmann. Es handelt sich dabei um eine Gesamtausgabe der Lutherbibel, gedruckt 1576 in Wittenberg von Johann Krafft (auch: Hans Krafft), einem der bedeutendsten Drucker der Reformationszeit. Vor allem die Schriften von Philipp Melanchthon machten einen gewichtigen Teil seiner Arbeit aus. Wie überliefert ist, entstanden in Kraffts Druckerei 143 Buchtitel, die sich durch einen gepflegten Satzdruck auf hochwertigem Papier auszeichneten.
Das Alte Testament der im Bergwinkel-Museum präsentierten „Biblia Deutsch“ ist mit handkolorierten Holzschnitten von „Meister Johann Teufel“ reich bebildert. Das Neue Testament ist schlichter gehalten, mit kunstvoll gestalteten Initialen und vereinzelten Illustrationen von Hans Brosame, Hans Beham und anderen. Ausgaben dieser Bibel findet man heute unter anderem in der Sächsischen Landesbibliothek in Dresden, im Deutschen Schrift- und Buchmuseum in Leipzig, in der Bayerischen Staatsbibliothek in München, in der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar oder in der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel.
Über die Jahrhunderte hinweg hatte sich der Zustand des im wahrsten Sinne des Wortes gewichtigen Buches aber so weit verschlechtert, dass sich der Vater von Heide Buhmann 1983 dazu entschloss, eine umfangreiche, langwierige Restaurierung in Auftrag zu geben – „damit man die Bibel auch wieder in die Hand nehmen und darin lesen konnte“, erinnert sie sich. Das Papier wurde gereinigt, Blatt für Blatt zu Bogen angefasert und stabilisiert, der Buchblock neu geheftet, der marode Holzdeckel durch neue imprägnierte Buchenbretter ersetzt, die Bibel in antikes Kalbsleder gebunden, neue Schließen und Buchecken entsprechend den Originalen angefertigt.
Der Aufwand hat sich gelohnt: „Es ist einfach eine große Freude, darin zu blättern, die Bilder zu betrachten, die tolle Sprache auf sich wirken zu lassen“, schwärmen Buhmann und Haeseler. Davon können sich nun auch die Besucher im Bergwinkel-Museum überzeugen. Denn auf ausdrücklichen Wunsch der beiden soll dieses Meisterwerk der Buchdruckkunst nicht nur aufgeschlagen in einer Glasvitrine im Foyer präsentiert werden, sondern Interessierten zugänglich sein.
„Wer darin lesen möchte, kann sich gerne an der Kasse melden“, erklärt Museumsleiterin Birgit Schwarzer, die sich sehr über diese Bereicherung der von ihr konzipierten Reformationsschau freut. Einzige Voraussetzung: „Wichtig ist, dass die Leute saubere Hände haben“, so Haeseler. Und zum Schutz des seltenen Exponats gibt es noch ein paar dünne Baumwollhandschuhe zum Überstreifen dazu – dann steht der ausgiebigen Bibellektüre nichts mehr im Wege.