Bei einer Bürgerversammlung in der Steinauer Markthalle hat das Unternehmen Ecogy aus Freiberg in Sachsen seine Pläne für eine Ansiedelung im Industriegebiet West II vorgestellt. Die Firma will aus Plastikabfällen aus der gelben Tonne Kraftstoff gewinnen, ohne dabei die Umwelt stark zu belasten.
70 Millionen Euro sollen dabei investiert werden. Die Stadtverordneten waren bereits mehrheitlich dafür, ein Gelände von 60 000 Quadratmetern für Ecogy zu reservieren und wollen nach einem Besuch der Referenzanlage im niederländischen Heerden über den Verkauf der Fläche entscheiden. Dies teilte Bürgermeister Malte Jörg Uffeln mit.
Landrat Thorsten war gespannt auf die Ausführungen des Geschäftsführers des Unternehmens und Gesellschafter und Prokurist der Plasma Power Holding B.V., Manfred Pfalzgraf. „Die Neugierde hat mich getrieben. Ich wollte mehr über das Vorhaben erfahren“, berichtete der Landrat.
Es sei für den ländlichen Raum als Wirtschaftsstandort wichtig, erfolgversprechende, innovative Projekt umzusetzen.
Maschinenbauingenieur Manfred Pfalzgraf, ein gebürtiger Birsteiner, erläuterte ausführlich das Verfahren. In der Egogy-Hybrid-Anlage würden die Kunststoffabfälle nach einer „Hochtemperatur-Verdampfung“ in einer mehrstufigen Kondensation in Ecogy-Kraftstoffe überführt. Hieraus entstehe Diesel mit hoher Cetan- und Benzin mit hoher Octanzahl. Das ebenfalls entstehende Erdgas werde bei der Anlage zur Energieerzeugung eingesetzt.
„Wir verbrennen die Kunststoffabfälle nicht, die Wertstoffe verdampfen. So sorgt die Anlage dafür, dass die Abgase 90 Prozent weniger Stickstoffe enthalten. Die Veredelung der Kunststoffe ist eine ganz saubere Angelegenheit“, berichtete Pfalzgraf. Infolge der Hybrid-Konvertierung bei bis zu 1 100 °C würden die organischen Bestandteile vollständig in Gase überführt, während die anorganischen Bestandteile als Asche ausgetragen werden. Aus 140 000 Tonnen LVP-Kunststoffen (Leichtverpackungen) im Jahr würden rund 125 000 000 Liter Kraftstoff.
Die Anlieferung der Kunststoffballen mittels rund 36 Schubboden-Lastern erfolge von montags bis freitags, jeweils zwischen 6.30 und 21.30 Uhr in geschlossenen Hallen. Rund 29 Laster holten die Kraftstoffe täglich ab. Drei Schüttgutfahrzeuge entsorgen täglich die Reststoffe.
Ein Bürger wollte wissen, warum nicht Konzerne wie BP solche Anlagen bauten und Module mit Hybridkonvertern einsetzten. Der Bad Homburger Investor Gerhard Lauckhardt war der Meinung, dass es für die Großkonzerne zu aufwendig sei und das Verfahren nicht einmal ein Prozent des bundesweiten Bedarfs an Kraftstoff decke.
Pfalzgraf: „Wir wollen verhindern, dass unsere innovative Technologie irgendwo in der Schublade verschwindet.“ Das Vorhaben Steinau sei auf 20 Jahr und mehr ausgelegt.
Wenn der Grundstückkauf erfolgt sei, rechnete Pfalzgraf, der das Projekt für absolut genehmigungsfähig hält, mit einem Genehmigungsverfahren von einem Jahr. Was den Emissionsschutz betreffe, sei nicht mit Verzögerungen zu rechnen. Danach würden bis zum Jahr 2021 insgesamt zehn Hybrid-Konvertier gebaut werden. Ab sechs Modulen sei die Anlage wirtschaftlich.
Für Bürgermeister Malte Jörg Uffeln war es wichtig, die Steinauer in einem Dialog-Forum vorab zu informieren, auch wenn dies gesetzlich nicht vorgeschrieben sei.
Die anwesenden Steinauer Bürger hinterfragten kritisch und fühlten sich nach der Fragerunde in einem Wechselbad der Gefühle zwischen Skepsis und Begeisterung.