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Unter dem Motto „Kleine Helden“ haben in Steinau die 28. Puppenspieltage begonnen. Bis zum 28. September gastieren elf Bühnen aus Deutschland und Belgien in Steinau und entführen mit 16 Vorstellungen Kinder und Erwachsene in die fantastische Welt des künstlerischen Puppentheaters.
Es seien „viele kleine Heldentaten“, die derzeit mithelfen, durch die Zeit zu kommen und hoffnungsvoll in die Zukunft zu blicken, sagte Bürgermeister Christian Zimmermann in seinen Begrüßungsworten. Somit sei das Motto der Puppenspieltage gut gewählt.
Sehr spezielle Heldentaten spielten sich allerdings zur Eröffnung der zwölftägigen Veranstaltungsreihe auf der Bühne des Rathauskellers ab. Das Publikum machte Bekanntschaft mit dem Helden Don Quijote de la Mancha, der bekanntlich mit seinem Knappen Sancho Panza auszog, um die Welt zu retten. Die beiden Darstellerinnen des Materialtheater Stuttgart Annette Scheibler und Sigrun Kilger hatten sich vorgenommen, „das beste Buch der Welt“ mit seinen 1.400 Seiten in 100 Minuten auf die Bühne zu bringen.
Miguel de Cervantes hatte „Don Quijote“ 1605 verfasst, und bereits kurz nach Erfindung des Buchdrucks war es in 16 Sprachen übersetzt worden, informierten die Darstellerinnen. „Rauchend“ und trinkend unterhielten sie sich in aller Ruhe über den Ort der Handlung, die spanische Hochebene La Mancha mit verbrannter roter Erde, Korkeichen und staubigen Wegen.
In dieser Landschaft lebte der mittellose Adelige Don Quijote, der sein Leben mit dem Lesen von Ritterromanen zubrachte. Doch, angetrieben von der Lektüre, bestieg Don Quijote eines Tages sein klappriges Pferd Rosinante, und zog aus, als tapferer Ritter kühne Abenteuer zu bestehen. Zugleich betrat die Hauptfigur die Bühne, Don Quijote, eine große, hagere Puppe in lächerlicher Ritterrüstung.
Gelegenheit für einen kleinen Plausch, befanden die Darstellerinnen, man hatte ja Zeit. „Bei uns zu Hause hebt man alles auf“, verrieten sie in schwäbisch und schweizerdeutsch gefärbter Mundart und hatten auch etliche sparsame Rezepte parat: „Es schmeckt dir jeder Haferschleim, schneid‘st du Gänseblümchen rein.“ Gerne durfte es auch mal Suppe aus Zwiebel- und Gemüseschalen sein.
Auf dem Weg zu den Heldentaten schloss sich dem stolzen Ritter der „Maultiertreiber“ Sancho Panza als treuer Knappe an. „Ich mag kein Kampfgetümmel, Herr Karotte“, stellte der kleine, dicke Sancho klar, doch die Aussicht auf die Regentschaft über ein Eiland tat ihre Wirkung, auch wenn er wusste: „Selbst wenn man einem Esel Seidenstrümpfe anzieht, er bleibt doch ein Esel.“
Nicht nur äußerlich sind die beiden Weggefährten von gegenteiliger Statur. Sancho Pansa verkörpert die realistische Welt, ist praktisch veranlagt und verweist auf die wahren Gegebenheiten. Er warnt Don Quijote vor den Folgen seiner Spinnereien, dem Größenwahn und der Realitätsferne, aber dieser versinkt in der Wahnvorstellung als heldenhafter Ritter aus dem derzeit gußeisernen Zeitalter ein goldenes Zeitalter des Friedens und der Freundschaft auferstehen zu lassen.
Selbst seine Verehrung für das Bauernmädchen Dulcinea bleibt nur Schwärmerei. Die vermeintlichen Abenteuer des Don Quijote enden zumeist mit üblen Niederlagen, Schlägen und Gespött. Es wurde gekämpft, dass die Zähne (Pfefferminz-Kaugummis) nur so flogen. „Man sucht den Speck und greift in den Dreck!“, resümiert Sancho Panza.
Bis zu seinem Tod bleibt Don Quijote seinem Wahn als edler Kämpfer für eine gerechtere Welt verhaftet. Er nahm den Kampf gegen Windmühlen auf und endete als Ritter von der traurigen Gestalt.
„Selig, die einen Sprung in der Schüssel haben, denn durch den Sprung dringt das Licht in die Welt“, stellen die Darstellerinnen am Ende fest und lassen Don Quijote aus der Kiste grüßen, in der er letztlich seine Ruhe findet.
Die Bühnenausstattung bestand aus witzig zusammengestellten Requisiten: Ein historisches Buch diente als Reitpferd Rosinante, zwei zusammengerollte Decken als Sanchos Esel, und Teppichklopfer drehten sich munter wie Windmühlenflügel.
Munter plaudernd, humorvoll und ironisch setzten die beiden Darstellerinnen die Abenteuer des Don Quijote in Szene, rangierten Puppen und Requisiten von einer Szene zur nächsten und sparten nicht mit Anspielungen auf die Gegenwart, erweitert durch Gitarrenspiel und Gesang.
Ein vergnüglicher Auftakt zu den Puppenspieltagen, den das Publikum mit viel Beifall bedachte.
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