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Seit 20 Jahren begeistert das Theater-Ensemble feel-X mit seinen Aufführungen sein Publikum in der Kurstadt und darüber hinaus. In dieser Zeit brachten die Theaterleute um Intendant und Regisseur Felix Wiedergrün etwa zwei Dutzend Inszenierungen auf die „Bretter, die die Welt bedeuten“.
Im Jubiläumsjahr erleben die Theaterfreunde aus Nah und Fern nun die Aufführung des„Salmünsterer Jedermann“ nach Hugo von Hofmannsthal auf dem Kirchplatz vor der Barockkirche St. Peter und Paul. Die Schirmherrschaft haben Pfarrer Michael Sippel und Schauspieler Peter Lerchbaumer übernommen. Hugo von Hofmannsthals mittelalterliches Mysterienspiel „vom Sterben eines reichenMannes“, 1911 in Berlin uraufgeführt und erstmals 1920 vor dem Salzburger Dom inszeniert, erreichte trotz des erhobenen Zeigefingers gegen die weltlichen Genüsse einen beachtlichen Bekanntheitsgrad.
Ausschweifende Feste
Vor der Kulisse einer Kirche spiegelt sich das frevelhafte Leben des Jedermann (Sebastian Dietz), lässt er doch kaum eine Todsünde aus. Hochmütig prahlt er mit seinem Reichtum, speist seinen armen Nachbarn (Horst Dieter Hellkuhl) mit einem Almosen ab und lässt seinen Schuldknecht in den Schuldturm werfen. Er frönt der Völlerei auf ausschweifenden Festen ebenso wie der Wollust mit seiner Buhlschaft (Melanie Gräfen). Die sorgenvollen Moralpredigten seiner Mutter (Bernadette Huhn) bleiben unbeachtet. Als Gott (Hugo Huhn) erkennt, dass die Menschen seine Gesetze nicht achten, beschließt er, Gericht zu halten und schickt den Tod (Thomas Hummel) zu Jedermann. Der Sensenmann platzt geradewegs in ein üppiges Festmahl mit vielen Gästen.
Jedermann, bereits von wirren Ahnungen getrieben, hört sich zu Glockengeläut beim Namen gerufen. Die Gesellschaft versucht seine „Melancholie“ zu zerstreuen, es wird gesungen, getrunken und getanzt. Doch unvermittelt erscheint der Tod mit einer überdimensionierten Sanduhr im Kirchenportal. Die Gäste fliehen. Der Tod fordert das Leben des Jedermann, gibt ihm jedoch eine Stunde Zeit, eine Reisebegleitung zu finden. Sein „guter Gesell“ (Lukas Schouwenburg), in fröhlichen Tagen stets an seiner Seite, winkt ab: „Ich leg‘ mich nit mit dir ins Grab! Mit Weibern in die Kiste geh‘n, würd‘st mich an deiner Seite seh‘n!“
Seine Vettern (Walter Bröckers-Wessolowski, Hugo Huhn) schleichen sich davon, und seine Liebste verlässt ihn umgehend. Doch schließlich bleibt ihm sein Reichtum als Begleiter! Rasch lässt er die Schatzkiste herbei schaffen. Aus ihr erhebt sich der Mammon (FelixWiedergrün) und fällt über Jedermann her. Nicht der Mammon sei zu seinen Diensten gewesen, sondern umgekehrt sei er, Jedermann, in die Knechtschaft des Mammon geraten.„Ich bin nur irdisch, nur geliehen, ich werd‘ nicht mit dir geh‘n!“
Einsicht und Reue
Allein in seiner schwersten Stunde erkennt Jedermann: „Solange einer im Glück ist, hat er Freunde in Menge, doch wenn ihm das Glück den Rücken kehrt, verläuft sich das Gedränge.“ In letzter Minute erscheinen seine „guten Werke“, personifiziert als hilflose, schwächlicheFrau (Julia Schäfer), denn seine guten Taten im Leben waren ja nun mal recht übersichtlich. Erst mit Hilfe des Glaubens (Melanie Gräfen) gewinnt Jedermann Einsicht und Reue. Werke und Glaube begleiten den durch Gottes Gnade geläuterten Jedermann, gegen den selbst der Teufel (Annette Wessolowski) nun nichts mehr ausrichten kann.
Spannungsgeladen bis zum Schluss interpretierten die Schauspieler das Schicksal des Jedermann sowie die unterschiedlichen Umstände seines Umfeldes. Sebastian Dietz verkörperte den Jedermann überzeugend als lustvollen Genießer, der sich zwar arrogant über seine Mitmenschen erhob, allerdings dann und wann einen Funken Mitgefühl durchschimmern ließ. In seiner Verzweiflung als Todgeweihter wuchs er geradezu über sich hinaus und hielt das Publikum in seinem Bann.
Als erhabener und unbestechlicher Tod agierte Thomas Hummel. Fast würdevoll hielt er die Lebenszeit in seinen Händen, unnahbar dem Verhandlungsgeschick des Jedermann widerstehend. Das gesamte Ensemble interpretierte den „Jedermann“ textsicher, stringent und ohne Längen.
Die dekadente Gesellschaft der Reichen, die sich von der Armut ihrer Zeitgenossen belästigt fühlt, lebt in ihrer eigenen Welt („Da ist kein Ding so hoch und fest, das sich mit Geld nit kaufen lässt. Man wird ganz ohne Grund, hineingezogen in der Armut Schlund“), treffend dargestellt als illustre Festgäste, zu denen auch zauberhafte Kinder in ihren Sonntagskleidern gehören.
Doppelte Spielfreude
Auf der anderen Seite tritt die Familie des Schuldknechtes als Bittsteller in ärmlichen Gewändern auf. Das Ensemble bot eine überzeugende Gesamtleistung und hatte offensichtlich nach einem Jahr Pandemie-Pause doppelte Freude, auf die Bühne zurückgekehrt zu sein. Organist Norbert Ross unterstützte die Aufführung mit Orgelmusik, die Lichttechnik setzte mit der Beleuchtung der Kirche und der Kirchenfenster zusätzliche Akzente.
Weitere Mitwirkende: Schuldknecht, Gast, Engel: Gerold Lotz; Schuldknechts Weib, Köchin: Kerstin Roush; Schuldknechts Kind, Goldtaler, Kind, Engel: Lenja Wiedergrün, Schuldknechts Kind, Kind, Engel: Sophia Hummel; Kinder, Engel: Jaron Hummel, Emelie Hummel; Gast, Engel: Maria Hummel, Andreas Hummel; Regieassistenz: Timo Triebensky; Licht- und Tontechnik: Tobias Emeling, Benjamin Emeling, Lukas Herd, Mario Spahn,Torben Spahn; Bühnenbau: Horst Dieter Hellkuhl und Team; Kostüme: Annette Wessolowski, Felix Wiedergrün; Requisite: Thomas Hummel, Lukas Schouwenburg, AnnetteWessolowski; Frisuren, Maske: Elisabeth Ghulam, Linda Diegelmann, Christina Gebhardt, Franziska Hagemann, Monique Hornikel, Natalie Schenk, Annette Wessolowski; Plakatgestaltung, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Melanie Gräfen; Programmheft: FelixWiedergrün, EDV: Alexander Stehlik; Social Media: Michaela Feldman, Melanie Gräfen, Felix Wiedergrün; Organisation, Tobias Emeling, Michaela Feldman, Melanie Gräfen, Horst Dieter Hellkuhl, Tanja Steinbock, Felix Wiedergün, Sarah Wiedergrün; Hygienebeauftragte: Anika Spahn.

Das Ensemble feel-X führt den „Jedermann“ zu weiteren Terminen auf:
Samstag, 11. September, um 20 Uhr, Sonntag, 12. September, um 16 Uhr, Freitag, 17., und Samstag, 18. September, jeweils um 20 Uhr.
Kartenvorverkauf: Modehaus Kosidlo Salmünster und Tourist-Information Bad Soden
Die Karten kosten 16 Euro, ermäßigt 15 Euro (Schüler, Kurkarte, BDAT)


www.ensemble-feelx.de