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Beim Festakt anlässlich des 30. Jahrestages der deutschen Einheit hat das sinfonische Blasorchester der Stadtkapelle einen musikalischen Bogen vom Berlin der Kaiserzeit bis zur Wiedervereinigung gespannt. Pointiert und derweilen aufwühlend konzertierte das Orchester unter Leitung von Lukas Bachmann auf hohem Niveau. Es gelang den Musikern hervorragend den Zeitgeist der einzelnen Stücke zu fassen und zu intonieren.
Bei dem Stück „Die goldenen Zwanziger Jahre“ und der Zugabe „Im Ballhaus ist Musike“ glänzte Urgestein Ewald Föller als Sänger. „Das Kaiserlied“ von Josef Haydn widerspiegelte das Jahr 1848, als das Volk beginnt aufzubegehren. Getragen von Flügelhörnern, Posaune und Tuba gründet die Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche den Nordeutschen Bund, einer konstitutionellen Monarchie mit Sitz in Berlin. Die Melodie dient bis heute – gesungen mit der dritten Strophe von Fallerslebens Deutschlandlied – als deutsche Hymne.
Mit Edvard Griegs Peer Gynt Suite umschrieb das Orchester den wachsenden Nationalstolzes im noch unbedeutenden kurfürstlichen Residenzstädchens Berlin anno 1867. Nur wenige Jahre später war es offiziell. In Berlin residiert ein deutscher Kaiser. Hoch lebe der Kaiser, hoch lebe Berlin. Was drückt da das neue Lebensgefühl besser aus als die Komposition „Berliner Luft“.
Wir schreiben das Jahr 1897. Berlin hat eine Strahlkraft sondergleichen und die Einwohnerzahl ist um mehr als 1,5 Millionen Menschen gestiegen. Tanzsalons und Kabaretts schießen aus dem Boden. Das Neue, das Verruchte, das Exotische bildete Lennard Leva auf dem Xylophon mit dem Musikstück „Erinnerung an Zirkus Renz“ hervorragend ab. Nach dem großen Leid des Ersten Weltkrieges kamen die Goldenen Zwanziger. Das Grammophon vitalisierte den Geist dieser Zeit. Doch schon Jahre später hatte sich Berlin irgendwie verändert. Es brannten Bücher, als der „Vogelschiss der Geschichte“ schließlich losging. Es dauerte zwölf Jahre, bis es „Peace please“ hieß. Das Solowerk des Jazzmusikers Frode Thingnaes bereicherte Walter Rummel als Solist. Und es dauerte bis 1989, als der „Song of Freedom“ angestimmt werden konnte. „Wir sind das Volk!“
Dirigent Lukas Bachmann hat aber nicht nur die Musiker zu Höchstleistungen getrieben, seine Anmoderation der einzelnen Stücke war unglaublich informativ und trefflich. Sein Fazit: „Die Einheit eines jeden Volkes bedarf vor allem eines: Harter Arbeit und des Bewusstseins, dass jeder von uns seinen Beitrag zu einem friedlichen und gemeinsamen Miteinander leisten muss. Feiern wir heute 30 Jahre Deutsche Einheit. Feiern wir unsere Stadt Berlin, unsere Gemeinschaft und unser Europa.“