Text_2

Landrat Thorsten Stolz hat am vergangenen Montagnachmittag in der alten Schlüchterner Synagoge den 70. Bergwinkel-Boten vorgestellt und den Autoren gedankt, die mit Begeisterung und Engagement daran mitgewirkt hätten, die Jubiläumsausgabe des Heimatkalenders für eine breite Leserschaft zu gestalten. Er gratulierte Schriftleiter Dr. Georg-Wilhelm Hanna, der die einzelnen Beiträge zu einem „sinnhaften, bereichernden und geistig anregenden Ganzen“ zusammen gefügt habe.
Der Begriff Heimat erfahre eine Renaissance. Heimat sei Familie, Sprache, Kultur und Kulturlandschaft. Gerade der Bergwinkel sei eine geschichtsträchtige Region, die von vielen Persönlichkeiten in den Städten und Dörfern geprägt worden sei.
Das Leitmotto des Bergwinkel-Boten 2019 seien die künstlerischen Strömungen um 1900. Damals hätten sich Künstlervereinigungen außerhalb staatlicher Akademien gegründet, die Kunst um der Kunst willen betrieben hätten. „Es war eine Zeit des Aufbruchs in die Moderne. Der Traditionsbruch ermöglichte Freiheit und Stilvielfalt im Realismus, Impressionismus, Symbolismus und Jugendstil“, berichtete der Landrat.
Eine solche Künstlerpersönlichkeit sei der Hanauer Professor Richard Estler gewesen, dessen stimmungsvolle Bilder der Kinzigtal-Landschaft im Kalendarium abgebildet seien. Auch der Dresdner Impressionist Robert Sterl wirkte in der Region und habe im Töpferdorf Wittgenborn ein Sommer-Atelier unterhalten.
Neben der Kunst um die Jahrhundertwende und ihren Spuren befasse sich der 70. Jahrgang des Bergwinkel-Boten mit heimatgeschichtlichen Themen. Hans-Joachim Knobeloch stelle die mittelalterlichen Warten der Stadt Steinau vor. Zur Reformation des Abtes Petrus Lotichius vor 475 Jahren fasse Dr. Elisabeth Heil ihre Gedanken im Beitrag „Mehr als ein Laienkelch“ zusammen. Dr. Benedikt Mario Röder beschreibe jüdisches Leben in Ulmbach. Hermann Tilp setze sich mit dem Weidekrieg um den Nutzen der Wüstung Eschers auseinander. Ernst Müller-Marschhausen beschäftige sich mit alten Sterbfritzer Familiennamen. Karl Theodor Hahn widme dem Steinauer Kutschen- und Leiterwagen-Hersteller Romeiser einen Beitrag und Bernd Ullrich dem Mundartdichter Heinrich Hermann Julius Hüniche alias „Hann-Kuhrt“.
Markus Dersch werte die Zeitschrift „Unsere Heimat“ als Spiegel der Notzeit des Ersten Weltkrieges auf. Ulrich Schwind erinnere an die Traditionsgaststätte Nau in Herolz, wo Altkanzler Helmut Schmidt einst Tee mit Rum getrunken habe. Wirtshausgeschichten aus dem Elmer Gasthaus „Zu den sieben Brüdern“ liefere Tim Bachmann.
Schriftleiter Hanna kündigte an, dass der Bergwinkel-Bote 2020 vom Leitgedanken der Heimat im Kinzigtal getragen werde. „Die Geschichte lehrt dauernd, findet aber keine Schüler“, zitierte Dr. Hanna die Schriftstellerin Ingeborg Bachmann und machte sich für mehr Heimatkunde in den Schulen stark.