Lennart Schilgen, am vergangenen Freitag zu Gast beim Kuki im stimmigen Ambiente des Restaurants Silentium, ist fürwahr eine absolute Entdeckung. Rund 80 Gäste besuchten das Club-Konzert und ließen den Künstler hochleben.
„Otto hopst hoch. Otto hopst von Bord. Otto: „Stop, Boot, Stop.“ Ottos Tod droht. Otto „So long, folks.“ Quietschendes Gelächter im Raum, lang anhaltender Applaus. Die „Variationen auf Ottos Mops“ (im Original von Ernst Jandl) zeigen eines: Wortakrobatik ist das eine Steckenpferd des Künstlers, Lieder zu schreiben, das Zweite. Lennart Schilgen dichtet und singt. Er lacht und grollt. Und er blickt aus hellwachen Augen auf die Welt, der er mit Humor und Hintergründigkeit begegnet. Witzig. Originell. Und mit einem ganz eigenen Sound.
Die Stimmung im Raum: Vom ersten Moment an begeistert. Das „Protestlied“, zu dem Schilgen seinen „Liegenbleiben-Blues“ erklärt: Wortschöpferisch, verblüffend, aus dem Leben. Da singt der junge und schon vielfach preisgekrönte Musiker, wie er „heute schon so viel vor sich hergeschoben“ hat und wie das Aufstehen dank der Snooze-Taste dafür sorgt, dass „ein perfekter Tagesplan in Trümmern liegt“.
„Engelszungenbrecher“ heißt das Programm. Das Konzept für den unterhaltsamen Abend, der erst um 23 Uhr sein Ende findet, ist so einfach wie stimmig: „Ich spiel Lieder – ihr hört zu. Das hat sich bewährt.“
Und auch wieder nicht, denn die Interaktion mit dem Publikum im ausverkauften Konzert ist dem Musiker, der sich als Sänger, Gitarrist und Pianist einen Namen gemacht hat, ganz offenkundig gelungen, denn er weiß, wie es geht – etwa, wenn er trocken kommentiert: „Der Moment, wo ich mit Applaus rechne – immer dann, wenn ich aufhöre zu spielen.“ Oder wenn er das Publikum lässig auffordert zum Mitsingen zu „Ich bin Shouter in einer Black-Metal-Band, ich sing lauter Lieder ohne Happy End“, um dann den Sopran/Tenor-Einsatz der Gäste auf ein Hauchen zu reduzieren, damit „der Mitmachsong die nötige Intimität und Energie“ erfährt.
„Wir entscheiden uns NICHT, so der Tenor des „Entschlossenheitslieds“, bei dem „das Herz stets zu Vielleicht“ tendiert. In der „Powerrockballade“ werden grässliche Partyselfies und Paris-Motive gegeißelt, die mit dem Handy fotografiert werden – das „Handyvernichtungsmotiv wie bei Wagner“, kombiniert mit dem starren Blick des Künstlers, sorgt für einen ganz eigenen Fortgang der Handlung. Und da dieses Lied ja eigentlich „Miriam“ gewidmet ist, darf sich schließlich „Martha“ warnen lassen, ohne ihn in Urlaub reisen zu wollen.
Sei es der Trennungsschmerz, die Erinnerung an die Kindheit, der gesungene Beschwichtigungsversuch „Ich lass es nur geschehn“ oder der ebenso furchteinflößende wie romantische Song „Ich bleib hier“ – mit Gitarre und Klavier singt und spielt sich Schilgen in die Herzen der Gäste, drei Zugaben müssen es sein, bevor der Liederkünstler die Bühne verlassen darf. Und bei einem nächsten Besuch sicher schon eine treue Fangemeinde im Bergwinkel begrüßen wird.