Von einem der auszog, das Fürchten zu lernen

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Die Aufbauten von Margot Dernesch gehörten fraglos zum Ambiente des Märchenabends, zu dem der Freundeskreis Märchenstraße eingeladen hatte.
Der gutbesuchte Vortragsabend unter dem Motto „Unbekannte Märchen der Brüder Grimm – Teil 2“ ließ erahnen, was Margot Dernesch mit ihren Besuchern vorhatte: Es sollte ihnen „eiskalt den Rücken herunterlaufen“. Das schaffte sie; während ihres engagierten Vortrags war es mucksmäuschenstill im Saal des Landgasthofes Grüner Baum.
Zuvor hatte der Vorsitzende des Freundeskreises Märchenstraße, Gerhard Freund, die Anwesenden begrüßt, unter ihnen Bürgermeister a. D. Walter Strauch mit Gattin und Pfarrer a. D. Manfred Kopka. Freund betonte, der Zuspruch zu den Märchenvorträgen, organisiert von Margot Dernesch, motiviere den Verein, die Veranstaltungsreihe fortzusetzen. Der nächste Grimmabend werde am Donnerstag, 26. Oktober, an gleicher Stelle stattfinden.
Das zentrale Märchen der Brüder Grimm, das Margot Dernesch vortrug, und das zu den „Kinder- und Hausmärchen“ gehörte, war die Geschichte „Von einem der auszog, das Fürchten zu lernen“. Aber die Grimmbrüder scheuten sich nicht, auch ihre „aufreizenden“ Märchen publizieren zu wollen: „Die Hand mit dem Messer“ oder „Wie Kinder das Schlachten gespielt haben“. Das war dann doch den beiden Freunden der Brüder „des Bösen etwas zu viel“. Clemens Brentano und Achim von Arnim ließen kurzerhand beide Märchen aus der Sammlung entfernen. Ihre Begründung war einleuchtend: „Nicht alles ist kindgerecht“.
Margot Dernesch hatte sich viel für diesen Abend einfallen lassen. Im Hintergrund standen Stellwände, an denen menschliche Skelette und strangulierte Totenköpfe hingen. Mit dieser Dekoration ließ sie unter den interessierten Zuhörern eine echte Gruselstimmung entstehen. Dazu lagen – quasi versöhnlich – einige Leckereien auf den Tischen. Margot Dernesch erzählte nicht nur einige unbekannte Märchen der Brüder Grimm. Die Gäste erfuhren auch viel Wissenswertes über die Märchensammlung der berühmten Brüder. Die Anziehungskraft ihrer Kinder- und Hausmärchen, die in fast alle Sprachen der Welt übersetzt wurden, ist bis heute ungebrochen.
Der Rhetorik von Margot Dernesch war viel Leidenschaft und Engagement zu entnehmen. Das ist das Geheimnis, warum sie immer wieder aufs Neue, ihre Zuhörer in ihren Bann ziehen kann. Der lang anhaltende Applaus am Ende ihres Vortrages bestätigte ihr den gelungenen Abend.