„Allerley Zauberei“

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Für zwei Tage hat die Trimburger Ritterschaft die Zeit um Aberhunderte Jahre zurückgedreht. Beim neunten Mittelalterspektakel in der Brüder-Grimm-Stadt Steinau zogen Feuershow, Ritterkämpfe und eine Feldschlacht Tausende Besucher in ihren Bann.
Am Sonntag ging es Bürgermeister Malte Jörg Uffeln an den Kragen. Der „Schultheiß“ wurde „geteert und gefedert“, weil er dem Herzog von Franken den Kriegsdienst verweigert und sich mit Weibsvolk herum getrieben habe. „Der Bürgermeister ist für jeden Spaß zu haben. Wir haben ihn mit fünf Töpfen Rübenkraut-Sirup und Erdbeermarmelade ‚geteert“, damit die Federn besser haften“, berichtete Veranstalter Reinhold Wahler.
„Steinau ist für uns eine zweite Heimat geworden. Wir freuen uns schon heute wie wohl alle Mittelalterfreunde auf den Jubiläumsmarkt im kommenden Jahr. Dass 50 Gruppen mit rund 500 Leuten an der Kinzig ihr Lager aufgeschlagen haben, ist Rekord.“ Mehr werden es allerdings auch künftig nicht sein. „Wir mussten einigen Interessenten absagen. Denn alles soll familiär und übersichtlich bleiben“, betonte Reinhold Wahler.
„Allerley Zauberei“ hatte der Stand von Elisabeth Mann zu bieten. Schamanische Heilarbeit, Blutegeltherapie und wundersame Heilpflanzen und Kräutersalze bot die Heilpraktikerin aus Eckardroth feil. Hexenbesen , Rasierpinsel und Haarbürsten mit Wildschweinborsten hatte Besenbinder Hans Küsters anzubieten. Am Kumpen machte sich der Seelenverkäufer breit, aber auch Frank mit allerlei Sauferei und die Schnapshex Natascha.
Wenn Gaukler, Ablassprediger, Franziskaner-Mönche, Wikinger, Kelten, Templer-Ritter, Dörnsbergs Recken und Freyes Gefolge gemeinsam durch Hirschgraben und Schlosshof ziehen, ist die Zeit für eine Weile einfach stehen geblieben. Da tauchen ganz normale Menschen in eine andere Welt ein und streifen den Alltags- und Berufsstress einfach ab. Wenn die Burning Knights Feuerbilder in den Himmel malen und die Rattenfänger mit Zaubersaiten und Saufliedern durch die Gassen ziehen und gegnerische Parteien in voller Montur bei einer Feldschlacht aufeinander losgehen, ist das „dunkle Zeitalter“ nicht weit.
Die Musikgruppen „Tarranis“ und „Die Zeitreisenden“ sowie die Mittelaltertanzgruppen „Stante Pede“ und „Saltare in luna noctis“ versammelten stets eine Traube applaudierender Zuhörerschaft um sich und die Schwertkämpfe im Schlossgraben waren – so man noch einen Platz ergattern konnte – vom Hirschgraben und der Schlossbrücke aus zu bestaunen.
Im Zeltlager ging es derweil ruhiger zu. Die Freaklunder-Wikinger aus Frankfurt, Bruchköbel und dem Vogelsberg genossen das Lagerleben in den Kinzigauen. Die Wilde Horde aus Unterfranken fühlte sich mit einem harten Kern von 15 Leuten pudelwohl in der Grimm-Stadt, und die Landsknechte zu Stolzenberg hätten gar zu Fuß von Bad Soden aus anreisen können. Das Lagerfeuerverbot nahmen die Gruppen gelassen hin. Für die kleinen Besucher drehte sich das Mäuseroulette oder sie wurden von Zauberer William bespaßt.
So fiel das Resümée von Harry Kalbfleisch von der Trimburger Ritterschaft entsprechend positiv aus: „Bei Bilderbuchwetter war der Markt außerordentlich gut besucht. Die Tavernen und Essensstände hatten rege Nachfrage, die Händler konnten sich über mangelnde Kundschaft nicht beklagen.“