Besuch ist wie Fisch – nach drei Tagen stinkt er

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Bei aller Liebe. Ein Wochenende reicht, egal wie viele Personen. Man ist doch kein Hotel. Nach drei Tagen stinken Fisch und Gäste. Die Theatergruppe „Sluohderin“ hat sich am vergangenen Wochenende in drei Vorstellungen amüsant und komödiantisch dem Spruch von Benjamin Franklin angenommen, der in seinen humoristisch-kritischen Essays einmal geschrieben hatte: „Besuch ist wie Fisch – nach drei Tagen stinkt er“.

Die gleichnamige Komödie stammt aus der Feder von Christiane Cavazzini. Waren es vor einem Jahr die nervigen Nachbarn, die die Autorin aufs Korn nahm, sind es diesmal die Nachbarn vom Campingplatz, die eine „ganz normale Familie“ in den Wahnsinn treiben.

Das mit ganz normal ist vielleicht nicht so zutreffend. Da sind das Ehepaar Maria und Hermann Ellerbeck (Anette Fehl-Gold und Ulrich Schwind), seine beiden Brüder Alfred (Frank Heinickel) und Wolfgang (Markus Maul) und Mutter Adele (Christiane Cavazzini. Die Brüder haben zwar ihre eigene Wohnung, finden es aber angenehmer, bei Maria und Hermann auf der Couch die Füße hochzulegen und sich verwöhnen zu lassen. Der eine hat Lust auf eine Currywurst rot-weiß, der andere auf einen Dönerteller. So eine lange Fahrt aus dem Urlaubsparadies macht eben hungrig.

Die beiden eingefleischten Junggesellen genießen ihr Dasein in vollen Zügen. „Die Familie ist der Ort, wo der Leistungsgedanke keine Bedeutung hat. Der Nachteil vom Nichtstun besteht allerdings darin, dass man nicht weiß, wann es zu Ende ist“, gibt sich Wolfgang philosophisch. Und Alfred  fügt hinzu: „Eine Frau ist wie eine Krawatte. Hat man sie zweimal umschlungen, hat man sie am Hals.“ Wie die neugierige Nachbarin Ingrun Kerber (Judith Spahn), die dem Alfred schöne Augen zuwirft. Ohne Punkt und Komma löcherte sie die Ellerbecks. „Maria, du kannst mir alles erzählen. Ich will alles wissen.“

Aber doch nicht etwa, wie die Ellerbecks die Familie Krawinkel auf dem Campingplatz kennengelernt haben, als Maria – leicht angetrunken oder einfach nur ausgerutscht – in das Zelt der Campingnachbarn gerollt ist? Da wäre noch Mutter Adele. Die junggebliebene dynamische Seniorin steht gleich  auf der Matte, als die Urlauber keine fünf Minuten daheim sind. Hat jede Stunde angerufen, um nur nichts zu verpassen. Die Komödie ist gespickt mit Situationskomik und reich an Aphorismen. Die Darsteller blühen schon in der ersten von sieben Szenen richtig auf und meistern die schauspielerischen Herausforderungen mit Bravour.

Apropos Telefon: Zu allem Überfluss meldet sich Gudrun Krawinkel wenig später mit einer Hiobsbotschaft und der Bitte um Hilfe. Sie hätten einen Wasserrohrbruch daheim. Ob sie für ein paar Tage Unterschlupf finden könnten. Hätten ja den Wohnwagen dabei.

Begeisterung sieht anders aus. Dabei hat Hermann im Urlaub doch nur zu den sympathischen Krawinkels zum Abschied gesagt: „Kommt uns doch mal besuchen“. Das sei eine Höflichkeitsfloskel gewesen. Das sagt man so und hoffe, dass einen der andere nicht beim Wort nimmt, verteidigt er sich.

Nun ja, hier sind sie: Gudrun (Ilona Föller), Klaus (Michael Resch) und Cheyenne-Chantal (Kathrin Worsch-Simon) Krawinkel. Und haben Hunger. Hermann gibt ihnen die Preisliste von der Pizzeria. „Sucht euch was aus“, sagt er freundlich. Und die Krawinkels bedanken sich noch viel freundlicher für die Einladung und bestellen eine üppige Krawinkel-Spezial-Pizza.

„Euer Besuch frisst sich für 69 Euro durch“, empört sich Mutter Adele und streitet sich mit Cheyenne-Chantal um das freie Bett im Gästezimmer.

Nun ja: Hätte es in jener Nacht nicht so fürchterlich gegossen und wäre die Dachluke des Campingwagens nicht offen gewesen, hätten sich die Campingnachbarn bestimmt nicht in der Wohnung breit gemacht und wären eine gute Woche zu Besuch geblieben. Apropos Nachbar: Dieses menschliche Wesen zeichnet sich dadurch aus, dass es im Sommer die geliehene Schneeschaufel zurückbringt, um sich den Rasenmäher auszuleihen.