Künstlergruppe wort.art ist ein neuer Kulturträger im Bergwinkel

Text_2

Die Findungsphase ist fast beendet. An jedem zweiten ungeraden Montag treffen sich im Steinauer Café Rosengarten ein Dutzend Lyriker und Schriftsteller aus dem Bergwinkel, tragen Gedichte vor, lesen aus neuen Romanen. wort.art heißt das Projekt, das Wolfgang Danny Weber vor Monaten ins Leben gerufen hat.
Schon in den 80er Jahren wollte er in Schlüchtern einen Literaturkreis gründen. Doch daraus wurde nichts. „Vor drei Jahren schied ich aus meinem geliebten Berufsleben aus und suchte eine Neuorientierung. Ich erinnerte mich an die literarischen Gehversuche vor drei Jahrzehnten und ließ den wort-art-Flyer auf die Welt los“, berichtete er.
Immer wieder stoßen bei den Treffen neue Kunstschaffende dazu wie der Meister der haarigen Limericks, Harald Hermann, oder Michael Brand, der an einem historischen Roman „Waffenbrüder“ über das Reitervolk der Chasaren arbeitet. „Der Ich-Erzähler dient im Jahre 922 als Wachmann in Balga an der Wolga“, erzählt er.
Teresa Maienscheins Eintrittskarte zu wort.art war das Gedicht „Weltorchester: Saitensprung“. Hier ein Auszug: „Ich bin kein Harmonium. Mir fehlt die Klaviatur, auch keine Violine, bin eine Saite nur … doch gibt’s noch eine Zweite. Nach ihr nur seh‘n ich mich, denn nur die andre Saite klang je mir heimatlich. Sie spielt nicht meine Noten, sie singt ein andres Wort. Doch nichts klang jemals schöner als unser Herzakkord.“
Die 33-jährige Weichersbacherin schreibt Gedichte, Aphorismen und pointiert-verdichtete Sinnsprüche. Derzeit arbeitet sie an einem autobiographisch eingefärbten Roman. „Ein Hauptthema ist dabei das Verhältnis des postmodernen Menschen zur Leere und zum Nichts – vor der Kulisse eines im Überfluss schwelgenden Turbokapitalismus“, berichtete sie und kümmert sich zusätzlich um den Facebook-Auftritt „www.facebook.com/wort.art.bergwinkel“.
Ihren ersten Krimi hat Johanna Kullmann eben fertiggestellt. „Mit Stift und Zettel bin ich durch die Steinauer Altstadt gelaufen und habe gemordet ohne Ende.“
Helga Schiehl ist mit „Anton & Anton“ schon früher unter die Krimi-Autorinnen gegangen. Inzwischen hat sie 14 Bücher publiziert, darunter die Ansichten eines Kleinkindes „Was ich sehe“ Teil eins bis sechs.
Zur Künstlergruppe gehören auch der Bellingser Hans Melchior Schmidt, der unter dem Titel „Gedanken eines Unzeitgemäßen oder Reflexe wider den Zeitgeist“ rund 600 Aphorismen veröffentlichte. „Auch wer vor Langeweile umzukommen droht, hat keine Aussicht auf ein kurzweiliges Begräbnis.“Schon beim Durchblättern des kunstvoll gestalteten Buches scheinen die auf Papier gebannten Wörter ungeduldig auf dem Sprung zu sein. Wie bei der Steinauerin Julia Linkersdörfer, die große Dinge im Kleinen sieht und mit Worten experimentiert. Auch Autor und Liedermacher Holger Bischoff ist heiter bis stürmisch mit von der Partie.
Wer Gedichte liebt, braucht nicht immer einen Rilke-Abend. Wer Freude am Spiel mit der Sprache hat, findet bei wort.art Bergwinkel seine eigene Plattform.