Das Autorenduo Heiner Boehncke und Hans Sarkowicz hat im vergangenen Jahr die Lebenserinnerungen von Ludwig Emil Grimm neu herausgegeben. Beide stellen dieses opulente Werk nun am Freitag, 29. April, um 19.30 Uhr im Remisenkeller des Steinauer Brüder Grimm-Hauses in einer Lesung vor. Der Eintritt ist frei.
Heiner Boehncke (er stammt aus Schwarzenfels) studierte Germanistik, Romanistik und Philosophie und war danach an der Frankfurter Universität tätig, wo er später auch außerplanmäßiger Professor wurde. Außerdem unterrichtete er am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. Viele Jahre arbeitete Boehncke auch als Kulturredakteur für den Hessischen Rundfunk. Mit dem ebenfalls dort als Leiter des Bereichs Kultur und Wissenschaft tätigen Hans Sarkowicz, der in Gelnhausen lebt, verfasste er eine ganze Reihe von Büchern, unter anderem zur Geschichte Hessens und zur hessischen Literaturgeschichte, so auch eine Biographie des bedeutendsten deutschen Barock-Dichters Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen, der aus Gelnhausen stammt.
Der Name Grimm ist bekannt, eigentlich jeder kennt Jacob und Wilhelm Grimm, die Märchenerzähler, doch, wer kennt ihren jüngeren Bruder Ludwig Emil Grimm.
Ludwig Emil Grimm ist der bekannte Unbekannte, der Maler und Graphiker der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, der Malerbruder neben den Märchenbrüdern Jacob und Wilhelm. Er ist eine prägende Figur der deutschen Romantik, die wir gerade wiederentdecken. So zeigt auch das Steinauer Museum Brüder Grimm-Haus einen beachtlichen Querschnitt durch sein graphisches schaffen und beschäftigt sich mit seinem Werk. ER hat aber nicht nur ein breites künstlerisches Werk hinterlassen. Sein Leben und sein Werk sc hikdert er selbst in seiner ausführlichen Autobiographie.
Der zeichnende, malende Autor und der erzählende Maler Ludwig Emil Grimm ist wiederzuentdecken – besser: überhaupt erst zu entdecken. Die Lebenserinnerungen von Ludwig Emil Grimm, das Original-Manuskript befindet sich im Besitz der Stadt Kassel , wird nun in der Anderen Bibliothek wieder interessierten Lesern zugänglich gemacht, nachdem schon erste Editionen in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg und in den 1950er Jahren erschienen sind.
Ludwig Emil Grimm ist der Glücksfall eines gleich doppelten Chronisten – in Wort und Bild. Er hat unser Bildgedächtnis all der herausragenden Gestalten der Goethe-Zeit und der Romantik begründet – Clemens Brentano, Bettine von Arnim, Achim von Arnim, Heinrich Heine, Nicolo Paganini, nicht zuletzt seine Brüder und viele andere hat er festgehalten, in Zeichnungen, Stichen, Radierungen und Gemälden. Und daneben hat er sich auch den Menschen seiner Zeit gewidmet, Soldaten, Bettlern und Straßenmusikanten. Er ist der illustrierende Chronist des frühen 19. Jahrhunderts.
Daneben sind Ludwig Emil Grimms Lebenserinnerungen das Gedächtnisbuch seiner Person und seiner Familie; niemand hat die Lebensverhältnisse der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm und der drei anderen Geschwister so persönlich intim und realistisch festhalten können, genauso wie Ludwig Emil Grimm sich auch private Polemik gegenüber Zeitgenossen wie Goethe und Brentano erlauben konnte. Für uns ungemein anschaulich erzählt er von seinen Kindertagen im hessischen Steinau, berichtet über das Ende der napoleonischen Kriege, an denen er als Freiwilliger teilgenommen hatte, oder von der Münchener Künstlerbohème.
Die Lebenserinnerungen von Ludwig Emil Grimm sind ein schillerndes Kaleidoskop der Gelehrten- und Künstlerszene in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und ein wichtiges Zeitdokument, eine wichtige Quelle, die nun wieder (und erstmals auch in historisch-kritischem Sinne) zugänglich gemacht wurden durch die Edition von Heiner Boehncke und Hans Sarkowicz. Der großformatige Band in der Reihe „Die Andere Bibliothek“ wird mit zahlreichen Arbeiten Ludwig Emil Grimms illustriert, darüber Hinaus werden die Arbeiten Ludwig Emil Grimms von dem aus der Kasseler Gegend stammenden Illustrator Albert Schindehütte paraphrasiert. Ein Kommentar, ein biografischer Abriss zur Lebensgeschichte Ludwig Emil Grimms und einer Einführung in das Thema ergänzen das Buch, das jeder Grimm-Liebhaber kennen sollte.