„Eine Seelenzeichnerin“ – INK auf dem roten Sofa

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Um als Künstler erfolgreich zu sein und Menschen zu berühren, braucht es ein Alleinstellungsmerkmal. Eine Gabe und Fähigkeit, die nicht in vielen Menschen wohnt und außergewöhnlich ist. Man muss besonders sein, sich der Leidenschaft hingeben, darin aufgehen und vor allem an sich glauben.
Genau ein solcher Mensch saß nun auf dem roten Sofa im Foyer des Brüder Grimm Hauses. Eingeladen zum „After-Work-Gespräch“ mit Museumsleiterin Stefanie Dallmann war die international ausgezeichnete Künstlerin INK Sonntag-Ramirez Ponce und sorgte mit ihren Erzählungen gleich zur Premiere jenes neuen Formates für einen gewissen Zauber unter den interessierten Gästen. In lockerer Atmosphäre und auf bunt gemischter, zusammengewürfelter Bestuhlung – was dem Ganzen einen entspannten und sympathischen Charakter verlieh – hatten Fans der Künstlerin Gelegenheit, sie nah und live zu erleben. Das Konzept des Künstlergesprächs auf dem roten Sofa als Treffpunkt für lockeren Austausch mit Gästen aus Kunst, Literatur und Wissenschaft sei eine Bereicherung für Steinau, hier sei etwas ganz Neues ins Leben gerufen worden, betonte Erster Stadtrat Dietmar Broj zu Beginn der Veranstaltung.
„Kunst erregt viele Emotionen“, scherzte die talentierte INK gleich zu Beginn ihrer Erzählungen, denn von klein auf hätte sie auf Tapeten im Elternhaus gezeichnet und ganze Schulhefte verziert – und dabei die ein oder andere verärgerte Reaktion ausgelöst.
Doch nickten sicherlich viele der anwesenden Gäste innerlich bei genau jenem gedanklichen Ansatz, denn durch Kunst können Emotionen verarbeitet oder gar ausgelöst werden, sie ist eines der schönsten Kommunikationsmittel und Werkzeug, um Gefühle auszuleben und Träume lebendig werden zu lassen. Und während die Künstlerin aus ihrem Leben erzählte, wurden auch im Foyer des Brüder Grimm Hauses so manche Emotionen geweckt. Mit ihrer lebendigen und leidenschaftlichen Erzählweise berührte INK sichtlich – der Name INK leitet sich im Übrigen von dem Wort Tinte ab.
Erst im Alter von 40 Jahren startete die Künstlerin so richtig durch. Wer hätte gedacht, dass auf dem roten Sofa eine gelernte Bankkauffrau sitzt, die viele Jahre Karriere im Finanzwesen gemacht hatte? „Endlich habe ich Freiheit gefühlt“, erzählte die Künstlerin weiter, denn letztendlich sei es ihr Mann gewesen, der sie dazu angehalten habe, ihren Traum zu leben. Dies war der Startschuss für eine spannende und überaus erfolgreiche Reise. Der internationale Durchbruch gelang sofort, mit Begeisterung erzählte die Künstlerin von ihren Bildern als „Kopfgeburten“, von den Visionen, die im Geiste entstehen und auch von der Verbundenheit zu den jeweiligen Menschen – den Modellen – hinter ihren Bildern.
Schnell konnten die Gäste im Gespräch erkennen, dass es ebenfalls eine Kunst ist, sich in den jeweiligen Menschen hinein zu fühlen, noch lange bevor ein Bild entsteht oder gar fertiggestellt ist – die Künstlerin wird dafür geschätzt, die Menschen wirklich „zu sehen“. Es sei das größte Geschenk, betonte die Künstlerin in ihren Erzählungen, wenn sich ein Mensch durch die Zeichnung verstanden und gesehen fühlt – ganz genau so, wie INK dafür dankbar ist, mit ihrer Kunst sie selbst sein zu dürfen.
„Dann sei sie ja eine Seelenzeichnerin“, stellte einer der interessierten Gäste schnell im Gespräch fest, denn Fragen vom Publikum waren ausdrücklich erwünscht. Und sicherlich konnten alle Anwesenden zustimmen, dass es wohl keinen besseren Begriff gibt für das, was INK tut. Sie möchte mit dem Stift Herzen berühren, fuhr sie fort – oftmals würden Menschen vor ihren Kunstwerken weinen. Monatelang würde sie an einem Bild arbeiten. Das detailverliebte Zeichnen bezeichnete sie als Gelegenheit zum Innehalten, etwas, das Menschen viel öfter tun sollten.
Nicht selten werden die Werke der talentierten Künstlerin mit den Zeichnungen Albrecht Dürers verglichen.
Von ihrer Kunstfertigkeit konnten sich alle Gäste im Anschluss an das Gespräch selbst ein Bild machen, schließlich hängt eines ihrer außergewöhnlichsten Werke in der Sonderausstellung „Salz und Perlen“ im Brüder Grimm Haus. Mir ihrer „Antwort“ auf ein Gemälde von Ludwig Emil Grimm, welches sich in einer Privatsammlung befindet, hat die Künstlerin eine atemberaubende Zeichnung entstehen lassen. Abgebildet ist die Ehefrau des Sammlers mit Perlenohrring und so lebendig und echt gezeichnet, als handele es sich um ein Foto.
In unregelmäßigen Abständen wird das Brüder Grimm Haus auch künftig zum Gespräch auf dem roten Sofa einladen, betonte Stefanie Dallmann. Mit der Künstlerin INK ist die Auftaktveranstaltung jener neuen Veranstaltungsreihe mehr als gelungen.